Believe in Dreams

Vor dem Haupteingang

Langsam näherte sich die Sonne dem Horizont. Es ist schon eine ganze Weile her, seit das Taxi die neuen Dienstmädchen zu diesem Anwesen gefahren hatte. Die Mitarbeiter einer Umzugsfirma waren schon den ganzen Tag damit beschäftigt, die Möbel des Meisters in sein neues Zuhause zu schleppen.
Endlich war es soweit: Ein pechschwarzer Leichenwagen näherte sich dem Anwesen. Er kam vor dem Haus zum Stehen, und aus ihm stieg ein Mann mittleren Alters mit Augenklappe. Ohne die Dienstmädchen anzusehen ging er zum Kofferraum und öffnete ihn.

"Tragt den Meister bitte in die Eingangshalle", befahl er den Dienstmädchen.

Asuka hatte die Ankunft des Meisters mit Spannung erwartet. Dies war der erste visuelle Kontakt, den sie zu ihrem Auftragsziel hatte. Die ganze Situation wirkte noch sehr befremdlich für sie. Selten hatte sie mit so vielen Mädchen zusammengearbeitet und vor allem die eng geschnürten Uniformen wirkten noch sehr gewöhnungsbedürftig.
Aber es gehörte zum Job und der hatte zu diesem Zeitpunkt oberste Priorität.

Als der Wagen sich näherte, nahm sie sofort wie die anderen Haltung an. Als sie jedoch die erste Order hörte, konnte sie ihren Ohren nicht trauen.

/Ihn tragen? Was soll das denn bitte heißen? Ist das etwa ein schlechter Scherz?/

Etwas zögerlich blickte sie nach links und rechts. Sie wartete lieber ab, wie die anderen Maids auf diese Order reagieren würden.

Tsukiko bemerkte die Verunsicherung ihrer Kolleginnen. Hatte etwa außer ihr niemand das Kleingedruckte gelesen? Da sonst niemand reagierte, beschloss sie kurzerhand, die Sache selbst in die Hand zu nehmen.
Mit einem kleinen Knicks trat sie vor. "Selbstverständlich."
Dann lugte sie vorsichtig in den Kofferraum, in dem sie einen dunklen Sarg erkennen konnte. Einen großen, schweren dunklen Sarg. Alleine würde sie den jedenfalls nicht tragen können.
Sie drehte sich zu den anderen Dienstmädchen um und setzte ein strahlendes Lächeln auf. "Das müssen wir schon gemeinsam tragen, meine Damen."

Plötzlich regten sich die anderen Maids etwas zügiger. Nachdem nun jemand den ersten Schritt getan hatte, setzen sich auch weitere Maids in Bewegung.
Um nicht gleich am ersten Tag einen schlechten Eindruck zu machen, half sie Tsukiko und zwei weiteren Maids beim ausladen des dunklen Sargs.
Die Aktion war eine schweißtreibende Angelegenheit, aber zu viert schafften die Maids den Sarg in die große Eingangshalle.
Von dort aus ging es die massive Treppe hianuf bis ins Zimmer des Meisters.

In einem letzten Kraftakt legten die vier den Sarg nieder, jedoch sichtlich von der Anstrengung gezeichnet.

"Ausgezeichnet", lobte Hanzo, der einäugige Butler, die Dienstmädchen. "Bis der Meister erwacht, dauert es noch eine Weile. In der Zeit könntet ihr euch etwa zu Essen zubereiten. Trödelt aber nicht zu lange, denn ihr müsst noch den Dachboden entrümpeln. Von den letzten Mietern hat sich da einiges angesammelt."

Mit diesen Worten zeigte er den Dienstmädchen die Küche. Überall lagen Kisten mit Geschirr, Konservendosen und Gemüse herum.

"Ich wünsche guten Appetit", verabschiedet er sich.

Chibi lief sofort in die Küche. "Super essen", sagte sie vergnügt und beachtete die anderen kaum. Die Küche war riesengroß, eher altmodisch, so dass es auch bestimmt nicht so einfach werden würde, essen richtig zuzubereiten...
Aber erstmal waren überall diese Kisten, die vermutlich wohl bald weggeräumt werden sollten.
"Ich dachte wir hätten Mittagspause?! Was soll das denn jetzt?" Sie schaute sich um. Da findet man doch nichts einfach so.. Sie öffnete neugierig ein paar Kisten doch stieß öfter auf Geschirr als auf sonstirgendetwas.. "Sowas doofes... das kann ja dauern. Na zumindest haben wir Gasherde zum anzünden!" Plötzlich strahlte sie, das Essen schien ihr erstmal egal zu sein... "Und alles so schön aus Holz, das wird sicher noch spaßig!"

Tsukiko machte es einigen Dienstmädchen nach und durchstöberte die Kisten nach etwas Essbarem. Sie fand bald einige Dosen mit Corned Beef. 'Perfekt, jetzt noch ein Toastbrot und ich bin zufrieden.', dachte sie, während sie weitere Kisten durchsuchte. Tatsächlich fand sie nach Kurzem auch ein Paket Sandwichscheiben und fünf Minuten später hatte sie sich mit einem Teller, auf dem sich mit Corned Beef belegte Sandwichscheiben stapelten, in eine ruhige Ecke der Küche zurückgezogen, um ihre Mahlzeit zu genießen.

Kaum hatten alle Dienstmädchen ihr Essen verputzt, stand Hanzo schon am Kücheneingang.

"Alle satt? Gut, der Koch und seine Küchenhilfe werden sich später mit dem Einräumen der Nahrungsmittel kümmern. Auf euch wartet jetzt der Dachboden."

Hanzo führte die Dienstmädchen zum Dachboden. Er war recht groß und durch die kleinen Fenster nur notdürftig beleuchtet. Staub und Spinnweben bedeckten zahlreiche Truhen, Schränke, Möbel und Truhen.

"Der Meister verlangt eine Reinigung und Inventur des Dachbodens. Ich wünsche viel Erfolg."

Bevor er ging, fiel ihm noch etwas ein.

"Ach ja: Diebstahl ist natürlich nicht erlaubt, aber ihr dürft Besitzansprüche mit dem Meister aushandeln."

Mit diesen Worten verschwand er.